Stellungnahme zum TOP Ö5 Zweckverband Abfallverwertung Südwestpfalz (ZAS): Zukünftige Ausrichtung des Müllheizkraftwerks Pirmasens

Von Sabine Trommershäuser, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Kreistag Südliche Weinstraße

Sehr geehrter Herr Landrat Seefeld und Herren Kreisbeigeordnete,
Sehr geehrte Kreistagsmitglieder,
Sehr geehrte Herren und Damen,

Die Grünen im Kreis SÜW haben sich in den letzten Wochen intensiv mit der Zukunft des Müllheizkraftwerks in Pirmasens auseinandergesetzt. Intensive Diskussionen auch mit den anderen Kreisverbänden, Kreistags- und Stadtratsfraktionen sind dieser heutigen Sitzung des Kreistags SÜW vorausgegangen.

Auch haben wir die Analyse von Herrn Klinkhammer, teamwerk AG, intensiv gelesen und mehrfach diskutiert – eine hochkomplexe Thematik mit vielen Variablen, leider auch Unbekannten.

Sitzung des Kreistages (14.9.20), TOP Ö5


Einige Fragen, die Herr Klinkhammer auch bereit war, mit den Grünen im ZAS Gebiet zu erörtern, konnten wir in diversen Sitzungen in den letzten Wochen stellen und beantwortet bekommen. Ausführlichere Diskussionen über vielleicht ebenfalls mögliche andere Szenarien, die nicht untersucht wurden, konnten wir mit Herrn Klinkhammer leider nicht diskutieren, weil der ZAS ihn zu einem solchen Gespräch nicht autorisiert hatte. Dies war für uns ein besonderes Schlüsselerlebnis, das nicht unwesentlich zu unserer inhaltlichen Entscheidung mit beigetragen hat. Wir haben uns natürlich gefragt, warum der ZAS diese unprofessionelle Intransparenz zeigt?

Meine Herren und Damen, trotz der intensiven Beratungen und Diskussionen haben wir heute das Gefühl, dass wir uns hier zwischen „Pest und Cholera“ oder „Skylla und Charybdis“ entscheiden müssen. Wieso?

Die Müllgebühren sind in SÜW fast doppelt so hoch wie in anderen Gebietskörperschaften und die Schulden, die noch auf dem MHKW lasten und die aufgelaufen sind, um die Gebühren für die Bürger künstlich niedrig zu halten sind ebenfalls beachtlich. Die schweren „Geburts- oder Konstruktionsfehler“ der Vergangenheit haben Auswirkungen bis heute.

Wir bedauern dennoch sehr, dass die Option der ÖPP in der Analyse nicht näher betrachtet wurde bzw. erst dann näher untersucht würde, wenn der Verkauf des MHKW von den Gremien abgelehnt würde. Gleichzeitig halten wir den ZAS aber für ungeeignet den öffentlichen Partner in einer solchen Partnerschaft zu stellen. Zudem fehlen in der Analyse von teamwerk AG Ideen und Impulse, wie ein starker öffentlicher Partner in einer ÖPP hätte aussehen können oder wer diesen hätte stellen können. Vielleicht hätte dies unsere Entscheidung tatsächlich verändert – dies auch vor dem Hintergrund, dass es hierfür erfolgreiche Modelle gibt: Herr Klinkhammer nannte hierzu das Beispiel der Stadt Frankfurt, die 51% an der Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH hält (Remondis 49%).

Der Eigenbetrieb des MHKW durch den ZAS scheidet unseres Erachtens allerdings aus, da die erforderliche Kompetenz diese hochkomplexe technische Anlage des MHKW ökonomisch und ökologisch im Sinne der Bürger zu betreiben und auszulasten unserer Ansicht nach in diesem Konstrukt absolut nicht gegeben ist.

Wir erkennen dabei an, dass die „Zwangsverheiratung“ der Gebietskörperschaften im ZAS eine Vorgabe von der damaligen Landesregierung war.

Das Angebot der EEW ist mit 49 Mio.€ durchaus verlockend, die Schulden sind weg und es spült auch noch etwas Geld in die angespannten öffentlichen Haushalte der beteiligten Kommunen im ZAS Gebiet. Aber wir sehen auch noch ein paar nicht unerhebliche Risiken, die wir derzeit sehenden Auges in Kauf nehmen müssen:

  • Die Gefahr des ansteigenden Mülltourismus, der künftig einsetzen könnte, um dieses überdimensionierte MHKW in Zeiten von sinkenden Restmüllmengen (bei steigenden Recyclingquoten) auszulasten. Wir gehen aber davon aus, dass dies bei einer ÖPP nicht besser wäre.
  • Die Gefahr besteht dennoch, dass die EEW, um den hohen Kaufpreis zu finanzieren die erforderlichen Müllmengen auch international antransportieren wird, bei den niedrigen Preisen für Transport keine geringe Gefahr.
  • Außerdem ist die Möglichkeit gegeben, dass wir unseren Müll künftig ebenfalls weiter transportieren müssen als nach Pirmasens.

Wir erwarten deshalb, dass für diese Risiken, den Klimazielen entsprechende Lösungen und gesetzliche Regelungen getroffen werden und fordern, dass

  • die Einhaltung der bisher strengen Emissionswerte des MHKW rechtlich verbindlich abgesichert wird.
  • die Anlieferung von Müll aus dem europäischen und außer-europäischen Ausland gesetzlich sehr stark eingeschränkt wird.
  • es für die zukünftige Entsorgung des Mülls aus dem Kreis SÜW verbindliche Richtlinien gibt, die vorsehen, den Müll in einem maximalen Umkreis von z.B. 80 km zu verwerten, um dadurch den klimaschädlichen Mülltransport einzudämmen.

Hier sehen wir mit Blick auf den Verbund von 18 anderen MHKW des EEW Konzerns neben der Landespolitik auch die Bundespolitik in der Pflicht, entsprechende gesetzliche Vorgaben zu machen.


Obwohl die Entscheidung so schwierig ist, entscheiden wir Grüne im Kreistag SÜW uns heute – trotz der o.g. Bedenken – dennoch mehrheitlich für den Verkauf, weil wir Verantwortung übernehmen und Farbe bekennen wollen, und wir schlussendlich keine realistischen Alternativen zum Verkauf des MHKW sehen. Wir möchten das wirtschaftliche Desaster beenden, das durch diese überdimensionierte Anlage und die damals ausgehandelten Verträge entstanden ist, um für die Bürger*innen im ZAS Gebiet – neben einer gesicherten und umweltgerechten Entsorgung – auch zu einer signifikanten Reduzierung der Müllgebühren zu kommen. Durch die oben aufgestellten Forderungen möchten wir darauf drängen, dass die ökologischen Kosten des künftigen Weiterbetriebs dieser überdimensionierten Anlage reduziert werden. Dafür werden wir hier auch künftig einstehen.


Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!