Hunde- und Schafhaltung in Albersweiler- Anfrage und Antwort über die Arbeit des Veterinäramts

Anfrage an Frau Dr. Kaspar, Kreisverwaltung Südliche Weinstraße, Veterinäramt von Sabine Trommershäuser, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen Kreis Südliche Weinstraße

Sehr geehrte Frau Dr. Kaspar,

mit Bezug auf mein kurzes Telefonat mit Dr. Kirsch heute wende ich mich in der oben genannten Angelegenheit an Sie. Wir möchten den Bericht des SWR über die Hunde- und Schafhaltung in Alberweiler zum Anlass nehmen (https://www.swrfernsehen.de/landesschau-rp/wie-hunde-auf-einem-abgelegenen-grundstueck-verwahrlosen-100.html), um die wichtige Arbeit des Veterinäramts besser kennenzulernen und einen differenzierteren Einblick in diesen konkreten Fall zu erhalten. Wir bitte Sie deshalb, uns die folgenden Fragen zum Fall und allgemein zu Ihrer Arbeit zu beantworten:

  • Welche gesetzlichen oder anderen Bestimmungen gelten für die Haltung von Hunden und Schafen in Außenbereichen (z.B. Ernährung, Pflege, Unterbringung, Bewegung, …)?
  • Wie bewertet das Veterinäramt die Vorwürfe gegen den Halter der Hunde und Schafe in Albersweiler im Gebiet Laibach am Ufer der Queich und den durch ein Fernsehteam innerhalb des Geländes gefundenen Tierkadaver? Welche Schritte wurden eingeleitet?
  • Ist es üblich die Halter bei Meldungen/Anzeigen telefonisch vorab über den Besuch des Veterinäramts zu informieren bevor die Behörde vor Ort sich selbst ein Bild von der Situation gemacht hat? Auf welcher rechtlichen Grundlage geschah das bzw. aus welchem Grund wurde der Besitzer der Tiere über den Eingang eines Hinweises bzw. einer Anzeige wegen tierschutzwidrigem Verhalten informiert?
  • In welcher Form hat das Veterinäramt das Vorliegen der erforderlichen Kenntnisse über die Haltungsansprüche der Hunde und Schafe im Hinblick auf Ernährung, Pflege, Unterbringung, Bewegung beim Halter überprüft? Ist es in diesem Zusammenhang auch zu einer Auswertung des Bildmaterials durch das Veterinäramt gekommen?
  • Wie bewertet das Veterinäramt die durch ein Journalistenteam im unmittelbaren Umfeld des Grundstücks gefundenen Tierüberreste? Wurden dies sichergestellt? Wenn nein, warum nicht?
  • Sind in den vergangenen Jahren bereits Beschwerden oder Anzeigen gegen diesen Tierhalter wegen der Hunde- und Schafhaltung beim Veterinäramt eingegangen? Wenn ja, wie oft sind in den vergangenen 5-10 Jahren bereits Meldungen wegen des Verdachts auf tierschutzwidrige Haltungsbedingungen gegen diesen Halter eingegangen und welche Maßnahmen wurden in der Folge ergriffen?
  • Nach unseren Informationen handelt es sich bei dem Gebiet in denen die Hunde und Schafe gehalten werden um FFH-Gebiet, d.h. ein Gebiet in dem keine Ställe oder sogar eigentlich auch keine Zäune stehen dürften. Dies u.a. auch, um im Falle von Hochwasser den Durchfluss des Wassers nicht zu bremsen. Haben sie dazu die verantwortlichen Stellen (z.B. Bauamt oder untere Naturschutzbehörde) eingeschaltet?

Wir bitten Sie auch uns zusätzlich die folgenden allgemeinen Fragen über Ihre Arbeit zu beantworten, die wir sehr gerne näher kennenlernen möchten:

  • Wie viele Anzeigen wegen Tierschutzverstößen sind beim Veterinäramt in den letzten 5 Jahren (2018 – 2022) im Kreis SÜW insgesamt eingegangen?
  • In wie vielen Fällen davon wurde Beanstandungen festgestellt, Auflagen erteilt, Bußgelder ausgesprochen, Tiere sichergestellt oder Tierhalteverbote ausgesprochen oder andere Maßnahmen ergriffen. Bitte stellen Sie uns diese Informationen aufgeschlüsselt nach privater und gewerblicher Haltung zu Verfügung.
  • In wie vielen Fällen wurde die Einhaltung der Auflagen überprüft und wie oft wurden diese überprüft?
  • Gibt es auch nicht-anlassbezogene Kontrollen insbesondere im gewerblichen Bereich, wie häufig finden diese statt und wann haben diese in den letzten 5 Jahren stattgefunden?

Herzlichen Dank für die Beantwortung unserer schriftlichen Fragen im Voraus! Wir würden uns außerdem freuen, wenn wir Sie oder eine Vertreter*In des Veterinäramts in den nächsten Wochen einmal zu einer unserer Fraktionssitzungen einladen dürften.

Mit freundlichen Grüßen,

Sabine Trommershäuser
Fraktionsvorsitzende, Bündnis 90/Die Grünen im Kreistag SÜW

Antwort an Sabine Trommershäuser, Kreisverwaltung Südliche Weinstraße, von Dietmar Seefeldt, Landrat Südliche Weinstraße

Sehr geehrte Frau Trommershäuser,

anbei unsere Antwort bezugnehmend auf Ihre Anfrage vom 11.03.2022:

Welche gesetzlichen oder anderen Bestimmungen gelten für die Haltung von Hunden und Schafen in Außenbereichen (z.B. Ernährung, Pflege, Unterbringung, Bewegung, …)?

Tierschutzgesetz


Hunde:
Tierschutz-Hundeverordnung
Schafe: Tierschutz: Empfehlungen für die ganzjährige und saisonale Weidehaltung von Schafen vom Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit

Außerdem für Schafe
: Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (allgemeiner Teil), Viehverkehrsverordnung, Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz

Wie bewertet das Veterinäramt die Vorwürfe gegen den Halter der Hunde und Schafe in Albersweiler im Gebiet Laibach am Ufer der Queich und den durch ein Fernsehteam innerhalb des Geländes gefundenen Tierkadaver? Welche Schritte wurden eingeleitet?

Der Tierhalter wurde mündlich darüber belehrt, dass verendete Schafe nicht an Hunde verfüttert werden dürfen. Tierkadaver sind über die Tierbeseitigungsanlage zu entsorgen. Ein Verfahren diesbezüglich wird eingeleitet.

Ist es üblich, die Halter bei Meldungen/Anzeigen telefonisch vorab über den Besuch des Veterinäramts zu informieren bevor die Behörde vor Ort sich selbst ein Bild von der Situation gemacht hat? Auf welcher rechtlichen Grundlage geschah das bzw. aus welchem Grund wurde der Besitzer der Tiere über den Eingang eines Hinweises bzw. einer Anzeige wegen tierschutzwidrigem Verhalten informiert?

Vor-Ort-Kontrollen werden in der Regel nicht angekündigt. Es sei denn, die Örtlichkeit ist verschlossen und kann ohne den Eigentümer/Tierhalter nicht ohne Gefährdungspotential für Dritte betreten werden.

In welcher Form hat das Veterinäramt das Vorliegen der erforderlichen Kenntnisse über die Haltungsansprüche der Hunde und Schafe im Hinblick auf Ernährung, Pflege, Unterbringung, Bewegung beim Halter überprüft? Ist es in diesem Zusammenhang auch zu einer Auswertung des Bildmaterials durch das Veterinäramt gekommen?

Das Veterinäramt kontrolliert den Tierhalter und seine Tiere seit Januar 2021 regelmäßig. Dementsprechend wurde sich ein eigenes Bild vor Ort gemacht.

Den Tieren stehen ausreichend Wasser und Futter zur Verfügung. Der Ernährungszustand ist gut und das Gesamtbild ohne besonderen Befund. In der Anlage und auf der angrenzenden Wiese haben die Hunde Auslaufmöglichkeiten außerhalb des Zwingers.

Zusätzlich zu den Kontrollen des Veterinäramtes Südliche Weinstraße wurden vom Landesuntersuchungsamt Koblenz (LUA) als Fachaufsichtsbehörde Tierschutz-Berichte zu Kontrollen in der Tierhaltung Albersweiler sowie Bildmaterial angefordert. Tierschutzrechtlich konnte anhand der Aktenlage das Verwaltungshandeln des hiesigen Veterinäramtes vom LUA nicht beanstandet werden.

Wie bewertet das Veterinäramt die durch ein Journalistenteam im unmittelbaren Umfeld des Grundstücks gefundenen Tierüberreste? Wurden diese sichergestellt? Wenn nein, warum nicht?

Auf dem Grundstück des Tierhalters waren während den stattgefundenen Kontrollen keine Tierüberreste zu sehen.

Sind in den vergangenen Jahren bereits Beschwerden oder Anzeigen gegen diesen Tierhalter wegen der Hunde- und Schafhaltung beim Veterinäramt eingegangen? Wenn ja, wie oft sind in den vergangenen 5-10 Jahren bereits Meldungen wegen des Verdachts auf tierschutzwidrige Haltungsbedingungen gegen diesen Halter eingegangen und welche Maßnahmen wurden in der Folge ergriffen?

Der Tierhalter wird seit Anfang 2021 regelmäßig kontrolliert. Beanstandungen wurden mündlich mitgeteilt mit der Aufforderung, diese innerhalb einer festgelegten Frist umzusetzen. Die Umsetzung wurde in einer Nachkontrolle überprüft.

Nach unseren Informationen handelt es sich bei dem Gebiet in denen die Hunde und Schafe gehalten werden um FFH-Gebiet, d.h. ein Gebiet in dem keine Ställe oder sogar eigentlich auch keine Zäune stehen dürften. Dies u.a. auch, um im Falle von Hochwasser den Durchfluss des Wassers nicht zu bremsen. Haben sie dazu die verantwortlichen Stellen (z.B. Bauamt oder untere Naturschutzbehörde) eingeschaltet?

Das Abteilung Bauen und Umwelt ist über den Fall informiert. Anbei die Stellungnahme der Abt. Bauen und Umwelt zu den Themenkomplexen Naturschutz und Hochwasserschutz:

1. Naturschutz:

Es trifft zu, dass das Gebiet mit der Hunde- und Schafhaltung östlich von Albersweiler als FFH-Gebiet unter Schutz steht (FFH-Gebiet 6812-301 Biosphärenreservat Pfälzerwald).
Ställe und Einfriedungen sind dort -anders als in Naturschutzgebieten- nicht grundsätzlich verboten.

Im FFH-Gebiet stehen bestimmte Lebensraumtypen und Arten unter Schutz.

Soll im FFH-Gebiet ein Eingriff realisiert werden, so ist durch eine Verträglichkeitsprüfung nachzuweisen, dass sich der Erhaltungszustand der geschützten Arten und Lebensraumtypen
nicht wesentlich verschlechtert.

2. Hochwasserschutz:

Das Grundstück befindet sich innerhalb eines gesetzlich festgesetzten Überschwemmungsgebiets (festgesetzt durch RVO vom 10. April 2002).
Grundsätzlich ist es in diesem Bereich verboten, neue Anlagen zu errichten und Stoffe abzulagern.
Bestehende legal errichtete Anlagen genießen grundsätzlich Bestandsschutz. Die Rechtsverordnungen gelten daher nur für zukünftige Vorhaben, darunter fallen aber
auch Umbaumaßnahmen an bestehenden Anlagen.

Nach § 84 Landeswassergesetz kann jedoch die zuständige Behörde, hier die SGD Süd als obere Wasserbehörde, Ausnahmen für die Errichtung bzw. Erweiterung von Anlagen in solchen Gebieten erlassen.
Die zuständigen Stellen wurden angefragt, ob solche Ausnahmen für diesen Bereich erteilt wurden.

Nachfolgend die Antworten bezogen auf den allgemeinen Teil:

Tierschutzanzeigen gehen beim Veterinäramt telefonisch bzw. per Mail ein. In der Regel sind dies wöchentlich mindestens 10 Anzeigen. Bei all diesen Anzeigen werden in der Regel unangekündigte Vor-Ort-Kontrollen durch die Amtstierärzte durchgeführt. Sollten sich die angezeigten tierschutzrechtlichen Verstöße bestätigen, können je nach Ausmaß des Verstoßes folgende Maßnahmen ergriffen werden:
–        Belehrungen des Tierhalters
–        Mündliche Aufforderung, die Missstände zu beseitigen
–        Schriftliche Verwaltungsverfügung mit Zwangsmittelandrohung
–        Wegnahme der Tiere und Erteilung eines Tierhalteverbotes
–        Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens
–        Abgabe an die Staatsanwaltschaft zur Abklärung einer Straftat

Sofern Auflagen gemacht wurden, wird die entsprechende Umsetzung nach Ablauf einer kurzen Frist von den Amtstierärzten unangekündigt überprüft. Gegebenenfalls werden weitere verwaltungsrechtliche Maßnahmen ergriffen.
Bestätigen sich die Vorwürfe nicht, erfolgt in der Regel ein kurzer Aktenvermerk, der in einer Sammelakte abgelegt wird.
Bei ca. 70 % der Anzeigen bestätigen sich die Vorwürfe nicht. Schwerwiegende Tierschutzverstöße liegen bei höchstens 5 % der eingereichten Anzeigen vor.
In den letzten 5 Jahren wurden 16 Bußgeldverfahren aufgrund von Verstößen gegen das Tierschutzgesetz eingeleitet. In drei Fällen erfolgte eine Abgabe an die Staatsanwaltschaft und in 5 Fällen wurden schriftliche Verfügungen mit Zwangsmittelandrohung erstellt.
All die vorgenannten Verfahren bezogen sich auf private Tierhaltungen.
Die gewerblichen Tierhaltungen werden engmaschig durch die Amtstierärzte überprüft, hierbei festgestellte Verstöße werden vor Ort besprochen und entsprechende Auflagen mündlich erteilt.

Ergänzender Hinweis:

Persönlich habe ich kurz vorm Ausscheiden von Frau Frey (noch vor der entsprechenden Presseberichterstattung) mit ihr als auch im Anschluss mit Frau Kasper unserer neuen Veterinärärztin über die Hundehaltung in Albersweiler gesprochen, ich habe dabei überhaupt keine Anhaltspunkte erkennen können, das Verwaltungshandeln unserer Veterinärinnen in Frage zu stellen. Wie bereits ausgeführt, kommt es sehr häufig vor, dass Anzeiger von Tierschutzfällen oft unzufrieden sind, wenn das Veterinäramt nicht so durchgreift, wie man sich das vorgestellt hat, weil man andere, höhere vom Gesetz nicht abgedeckte Vorstellungen vom Tierschutz hat. Die Veterinärbehörde kann jedoch nur eingreifen, z.B. auch Hunde erst dann beschlagnahmen, wenn die entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen. Dies führt dann manchmal zu großem Unverständnis wie im Falle der Hundehaltung in Albersweiler.

Mit freundlichen Grüßen von der Südlichen Weinstraße

Dietmar Seefeldt
Landrat